Silberglanz & Kumpeltod
Veröffentlicht am 21.10.2024
Die Bergbau-Ausstellung vom 25.10.2024 bis 29.06.2025 im smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz
Unsere gesamte Zivilisation fußt auf Bergbau. Seit Jahrtausenden verwenden wir Erze aus dem Erdreich für alle Bereiche des Lebens, ob zur Herstellung von Schmuck, Werkzeug oder Mikrochips. Von Beginn an förderte das Montanwesen den Austausch zwischen uns Menschen. So überwanden Waren, Spezialisten und Wissen bereits vor 4000 Jahren große Entfernungen.
Damals wie heute definieren sich ganze Regionen wie das nahe Erzgebirge über ihre Bergbaugeschichte. Glück auf!, Schlägel und Eisen sowie die berühmte Holzschnitzkunst wurzeln in dieser Tradition.
Die Ausstellung „Silberglanz & Kumpeltod“ beleuchtet den Erzbergbau sowohl von seiner glänzenden als auch von seiner dunklen Seite. Objekte von der Bronzezeit bis ins 21. Jahrhundert fördern das zutage, was unter Tage vor sich ging.
Glitzer, Glanz und Gloria
Was trieb uns Menschen vor Jahrtausenden in den Berg? Zunächst war es der Wunsch nach ungewöhnlichen, glitzernden Rohstoffen. Später erkannte man den praktischen Nutzen von Metallen für Werkzeug, Waffen und als Zahlungsmittel. Doch auch weiterhin faszinierten Gold, Silber, Kupfer, Zinn und Kristalle aufgrund ihrer Schönheit. Und so entstanden zu jeder Zeit auch Objekte, deren Sinn und Zweck allein darin bestand, dem Auge zu schmeicheln und den eigenen Reichtum zur Schau zu stellen.
Prunkbeil, um 1635
Die Kurprinzenbarte, ein bergmännisches Paradebeil, wurde 1635 vom Freiberger Rat dem späteren Kurfürsten Johann Georg II. geschenkt.
© Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Rüstkammer, Foto: Jürgen Karpinski
Pionier- und Erfindergeist
Wer etwas haben möchte, wird erfinderisch. Der Bergbau brachte zahlreiche neue Technologien und Apparate hervor. Auch die Kenntnis von Gesteinen, Mineralien, physikalischen und chemischen Phänomenen nahm hier seinen wissenschaftlichen Ursprung. Durch Handel und Vernetzung gelangten Innovationen und Spezialwissen in alle Gegenden der Welt.
Leuchtspan in einer Knochenhalterung, 13.-9. Jahrhundert v. Chr.
Das einfachste Leuchtmittel, dass die frühen Bergleute nutzen konnten, waren Leucht- oder Kienspäne. Man hielt sie zwischen den Zähnen oder steckte sie in einfache Halterungen. Beim vorliegenden Fund wurde der Wirbelknochen eines Tieres als Halter genutzt. So konnte das Licht an einer passenden Stelle bequem abgestellt werden
© Museum Kitzbühel | Sammlung Alfons Walde
Lizenz zum Gelddrucken
Wer mit Finderglück gesegnet war, konnte unermesslich reich werden. Im Mittelalter hieß die Gleichung: Besitz von Bergwerken + Recht auf Münzprägung = Reichtum und Macht. Die Markgrafen von Meißen gehörten dadurch zu den mächtigsten Herrschern Europas.
Macht durch Bergbau bekommt im 20. Jahrhundert dann eine völlig neue Dimension: Der Abbau von Uran im Erzgebirge machte aus der Sowjetunion eine Atommacht.
Freiherr von Heynitz in seiner selbst entworfenen Parade-Uniform, um 1772
Stolz und in einer selbst entworfenen prachtvollen Uniform gekleidet blickt Friedrich Anton von Heynitz (1725-1802) den Betrachter an. Er verkörpert den Standesstolz der Bergbeamten, die seit über 200 Jahren den Bergbau in Sachsen organisierten. Heynitz war zeitweise oberster Bergbeamte und an der Gründung der Freiberger Bergakademie beteiligt.
© TU Bergakademie Freiberg, Foto: W. Rabich
Steigerlied, Arschleder, Schlägel und Eisen
Eine Fahrt durch Städte und Dörfer des Erzgebirges offenbart die starke Identifikation der Bewohnerinnen und Bewohner mit ihrer Bergbaugeschichte. Auch wenn heute kaum noch jemand unter Tage arbeitet, sind Mythen, Witze, Sprache, Tracht, Symbole und Kunsthandwerk der Bergleute allgegenwärtig.
Wünschelrute, Sachsen, 19. Jahrhundert
Bis heute schwören manche alten Bergleute auf die Funktion der Wünschelrute. Der Gelehrte Georgius Agricola hingegen glaubte schon vor 500 Jahren nicht mehr daran. Die moderne Wissenschaft gibt Agricola Recht.
© Museum für Sächsische Volkskunst, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Ausbeute durch Ausbeutung
Der Ertrag aus dem Bergbau – die Ausbeute – geht zulasten anderer Ressourcen: Mensch, Tier und Natur. Einstürzende Stollen sowie kurz- und langfristige Krankheiten führten oft zum frühen Tod. Bergleute traten in Berg- und Hüttenknappschaften ein, um sich und ihre Familie für den Ernstfall mit dem Nötigsten abzusichern. Die Natur hingegen hatte keinen doppelten Boden. Ihre Zerstörung durch den Bergbau erkannte man bereits im Mittelalter.
Traditioneller Kanarienvogelkäfig für „Harzer Roller“, 1850-1900, hergestellt vermutlich in St. Andreasberg/Harz
Als Symbol der Ausbeutung von Tieren gelten heute oft die Kanarienvögel, die mit unter Tage genommen wurden. Bei Sauerstoffmangel fielen die Tiere buchstäblich von der Stange und die Bergleute konnten sich retten. Tatsächlich ist der Einsatz von Kanarienvögeln im traditionellen deutschen Bergbau nicht belegt.
© Deutsches Bergbau-Museum Bochum
KI aus dem Erzgebirge?
Ohne Rohstoffe kein Fortschritt. Aktuell rückt das Erzgebirge wieder in den Fokus, denn neue Technologien und Digitalität benötigen Zinn, Silber und Lithium. Doch wollen wir wirklich ein „Viertes Berggeschrey“? Gibt es neue Ansätze, um die Ausbeutung von Mensch und Natur zu minimieren oder gar zu vermeiden
Joachimsthaler, Stefan v. Schlick & Brüder, Münzstätte Joachimsthal (Jáchymov) 1520-1526
In Regionen mit Silberbergwerken wurden große Mengen an Münzen geprägt, die sich durch Handel weit verbreiteten. Mit den Münzen verbreiteten sich auch ihre Namen. Aus dem Joachimsthaler wurde der Taler und letztendlich der Dollar.
© Münzkabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Beitragsfoto: Marketingmotiv der Bergbau-Ausstellung "Silberglanz & Kumpeltod" des Staatlichen Museums für Archäologie Chemnitz (smac) - © Haus E, Chemnitz
smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz
Stefan-Heym-Platz 1
09111 Chemnitz
Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag: 10 – 18 Uhr
Donnerstag: 10 – 20 Uhr
Montag geschlossen, außer an Feiertagen
Geschlossen: 24./25./31.12.2024, 1.1.2025
Eintrittspreise
Regulär 9 €
Ermäßigt 6 €
Studierende, Schüler:innen ab 17 Jahren, Schwerbehinderte, Bürgergeld-Empfänger:innen - jeweils mit Nachweis
Familien 14 €
Gruppen 6 € pro Person (ab 10 Personen)
Eintritt frei: Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren, Mitglieder der ICOM, Studierende der TU Chemnitz